Aktuelles
BGH v. 4.6.2025 - XII ZB 140/24
Allein die Benennung des Trennungszeitpunkts in der Beschlussformel oder in den Entscheidungsgründen eines zur Auskunft und Vorlage von Belegen verpflichtenden Beschlusses in einem Zugewinnausgleichsverfahren begründet keine isolierte Feststellung des Trennungszeitpunkts, aufgrund derer dem Rechtsmittelführer ein der Höhe nach zu schätzendes Abwehrinteresse gegen die Titulierung des Trennungszeitpunktes nicht abgesprochen werden könnte.
AG Hof v. 18.8.2025, 001 F 648/25
Der Anspruch auf Akteneinsicht der Verfahrensbeteiligten nach Abschluss des Verfahrens bestimmt sich nach § 13 Abs. 2 FamFG. Ein einstweiliges Anordnungsverfahren ist durch Erlass des Beschlusses in der Hauptsache abgeschlossen, wenn nicht Antrag auf Neuentscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG gestellt ist. Ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht muss von dem jeweiligen Antragsteller dargelegt und ggf. glaubhaft gemacht werden, § 13 Abs. 2 FamFG.
BVerfG v. 9.6.2025 - 1 BvR 422/24
Das BVerfG hat eine gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde zeigt die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht hinreichend auf.
OLG Nürnberg v. 10.4.2025, 10 UF 1180/24
Bei fortbestehender gemeinsamer elterlicher Sorge kann ein von gemeinsam sorgeberechtigten Eltern abgeschlossener Schulvertrag nur von beiden gemeinsam gekündigt werden. Der nicht mehr sorgeberechtigte Elternteil kann gegen den Willen des Sorgerechtsinhabers von ihm keine Mitwirkung an der Kündigung des Schulvertrages verlangen.
BVerfG v. 5.8.2025 - 2 BvR 885/25
Das BVerfG hat dem Eilantrag eines jordanischen Kleinkindes auf Gestattung der Einreise stattgegeben. Die Fachgerichte hatten möglicherweise die Bedeutung des Grundrechts auf Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG) für die Frage, ob dem Beschwerdeführer der Aufenthalt in Deutschland jedenfalls bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über den Aufenthaltsstatus seiner Eltern zu gestatten ist, nicht hinreichend erfasst.
OLG Frankfurt a.M. 23.7.2025 - 6 UF 79/25
Die Anordnung unbefristeter begleiteter Umgänge i.S.d. § 1684 Abs. 4 Satz 3, 4 BGB setzt eine Kindeswohlgefährdung voraus. Fehlt es an einer solchen, können begleitete Umgänge für höchstens sechs Monate angeordnet werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Dies ist zu bejahen, wenn zwischen dem Elternteil und den Kindern wegen einer längeren räumlichen Trennung (hier: Verbleib des Vaters in der Ukraine) eine Entfremdung eingetreten ist und aus Sicht der Kinder erst wieder Vertrauen aufgebaut werden muss.
OLG Karlsruhe v. 24.7.2025 - 5 WF 49/25
Die Erfordernis der Vollstreckungsklausel nach § 86 Abs. 3 FamFG bezieht sich auf das erstinstanzliche Gericht. Die Vollstreckungsvoraussetzungen sind für amtswegige Umgangsverfahren von Amts wegen herbeizuführen. Im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung muss nur die Handlungspflicht bestehen. Die Vollstreckungsvoraussetzungen müssen erst im Zeitpunkt der Festsetzung von Ordnungsmitteln vorliegen.
OLG Karlsruhe v. 16.7.2025 - 5 WF 96/24
Ist ein Unterhaltsschuldner unterhaltsrechtlich berechtigt, das Leasing eines Fahrrads über den Arbeitgeber (Jobrad) in Anspruch zu nehmen, muss er sich den zu versteuernden geldwerten Vorteil für das Fahrrad zurechnen lassen. Die monatlichen Leasingraten sind ggf. als berufsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen. Besteht keine Berechtigung, ist der Unterhaltsschuldner so zu stellen, als hätte er kein Jobrad und eine fiktive Steuerberechnung ist durchzuführen.
KG Berlin v. 31.7.2025 - 1 W 303/24
Ein vor einer ermächtigten Trauungsperson geschlossener Vertrag, mit dem Ehegatten ihre im Inland (nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten) erklärte Eheschließung rückwirkend bestätigen oder heilen, unterfällt nicht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB (hier zur sog. ʻurfi-Ehe ägyptischen Rechts). Denn mit den für die Rückdatierung erforderlichen früheren Erklärungen wurde ein wesentlicher Teil der Eheschließung nicht vor der ermächtigten Person verwirklicht.
Thüringer OLG v. 8.7.2025 - 1 WF 112/25
Die Bestimmung des § 185 Abs. 4 FamFG greift nicht ein, wenn in einem Abstammungsverfahren der Restitutionsantrag nicht auf § 185 Abs. 1 FamFG, sondern auf § 48 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 580 ZPO gestützt wird.
OLG Karlsruhe v. 25.7.2025 - 5 UF 171/24
Der gerichtlichen Billigung einer Umgangsvereinbarung steht nicht entgegen, dass diese teilweise keinen vollstreckbaren Inhalt aufweist. Auch eine nicht vollstreckbare Umgangsvereinbarung kann das amtswegige Umgangsverfahren beenden.
BGH v. 11.6.2025 - XII ZB 354/22
Wird die von einem Beteiligten begehrte Amtshandlung des Standesamts im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens nach §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 PStG vollzogen, ist ein Antrag auf gerichtliche Feststellung, dass die Ablehnung des Eintragungs- oder Berichtigungsantrags rechtswidrig war, nicht statthaft, weil hierfür weder im Personenstandsgesetz eine rechtliche Grundlage besteht noch eine direkte oder analoge Anwendung des § 62 FamFG in Betracht kommt. Die aufgrund einer Adoption erfolgte Eintragung eines Elternteils in das Geburtenregister führt nicht zur Erledigung eines Berichtigungsantrags, mit welchem die Eintragung als weiterer Elternteil bereits mit der Geburt des Kindes begehrt worden ist.
BGH v. 4.6.2025 - XII ZB 320/23
Der Annehmende muss im Zeitpunkt der notariell beurkundeten Stellung des Adoptionsantrages uneingeschränkt geschäftsfähig gewesen sein. Dabei muss die Geschäftsfähigkeit des Annehmenden positiv festgestellt werden. Demgegenüber ist es - bei der Erwachsenenadoption - für den Ausspruch der Annahme nicht von vornherein schädlich, wenn die zunächst vorhandene Geschäftsfähigkeit des Annehmenden nach wirksamer Antragstellung im Laufe des Adoptionsverfahrens bis zur Entscheidung des Gerichts nachträglich wegfällt.
OLG Köln v. 8.5.2025 - 14 UF 14/25
Eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern ist zu verneinen, wenn ein Elternteil dem Anderen über Jahre einen sexuellen Missbrauch des gemeinsamen Kindes unterstellt, obwohl alle durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen keinerlei Hinweise auf die Richtigkeit der Behauptung ergeben haben. Eine Basis für eine kindeswohlorientierte Kommunikation zwischen den Kindeseltern liegt nicht vor, wenn der eine Elternteil dem Anderen fortdauernde Manipulationen, Provokationen und Bedrohungen gegenüber ihm und dem gesamten Helfersystem vorwirft und jede direkte Kontaktaufnahme verweigert.
BGH v. 7.5.2025 - XII ZB 563/24
Ordnet das Gesetz in § 94 Abs. 1a Satz 1 und 2 SGB XII an, dass Unterhaltsansprüche gegenüber unterhaltspflichtigen Kindern mit einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 100.000 € nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen, stellt das Sozialhilferecht nicht in Frage, dass auch die durch die Einkommensgrenze privilegierten Kinder ihren Eltern gegenüber zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet sein können. Es ist dann bereits ein logischer Widerspruch, aus dem gleichen Gesetz die Wertung entnehmen zu wollen, dass der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch der Eltern gegenüber einem privilegierten Kind schon im Vorfeld des Regressverzichts an dessen mangelnder unterhaltsrechtlicher Leistungsfähigkeit scheitern müsste. Überschreitet das unterhaltspflichtige Kind mit seinen Einkünften die Jahreseinkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII, gehen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die gesamten Unterhaltsansprüche des unterhaltsberechtigten Elternteils nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über, also nicht nur der Teil, der sich auf das über 100.000 € liegende Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes bezieht.
OLG Hamburg v. 23.6.2025 - 12 WF 31/25
Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich zudem nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten. Allein die existentielle Bedeutung der Sache kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach neuem Recht dagegen nicht mehr begründen In einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist eine Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage i.S.d. § 78 Abs. 2 FamFG im Einzelfall erforderlich, wenn die Beteiligten unterschiedliche Verfahrensziele verfolgen.
OLG Frankfurt a.M. 4.3.2025 - 6 UF 27/25
Leben Kinder im Haushalt der Großeltern, sind diese beide in einem Verfahren betreffend den Umgang des Vaters zwingend nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zu beteiligen, wenn das Gericht beabsichtigt, ihnen Pflichten - hier das Bringen und Abholen der Kinder zum bzw. vom Umgangsort - aufzuerlegen. Wird nur ein Großelternteil am Verfahren beteiligt, obwohl beiden Pflichten in der gerichtlichen Umgangsregelung auferlegt worden sind, kann im Beschwerdeverfahren die angefochtene Entscheidung nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG antragsunabhängig aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen sein.
BGH v. 28.5.2025 - XII ZB 395/24
Führen Eheverträge bei Unternehmerehen bereits im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu derart einseitigen Lastenverteilungen für den Scheidungsfall, ist ihnen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Sittenwidrigkeit wird regelmäßig nur dann zu bejahen sein, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten z.B. durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten.
Thüringer OLG v. 16.6.2025 - 1 WF 38/25
Befangenheit wegen nicht eingeräumter Gelegenheit zur Stellungnahme vor Entscheidung über VKH-Antrag
Der Verstoß gegen die Vorgabe des § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO, dem Gegner grundsätzlich vor der Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, kann eine Besorgnis der Befangenheit begründen.
OLG Frankfurt a.M. 6.6.2025 - 6 UF 108/25
Auch soweit Eltern ein Kind im paritätischen Wechselmodell betreuen, besteht im Regelfall bei einer erstinstanzlichen Entscheidung zur Kindergeldbezugsberechtigung nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG i.V.m. § 231 Abs. 2 FamFG keine über 600 € liegende Beschwer.
OLG München v. 18.6.2025, 2 UF 281/25 e
Unzutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass bei einem Einkommen des barunterhaltspflichtigen, das über dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle liegt, eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle in Betracht kommt um die Lebensstellung des Kindes, die sich aus der Lebensstellung der Eltern ableitet, aufrecht zu erhalten. Beim Unterhalt minderjähriger Kinder ist zu beachten, dass dieser keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und naturgemäß erst recht nicht zur Vermögensbildung des unterhaltsberechtigten Kindes dient.
OLG Frankfurt a.M. 2.6.2025 - 6 UFH 2/25
Die Voraussetzungen für eine Bestimmung der Zuständigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG liegen nicht vor, wenn ein anderes als das Ausgangsgericht ein Vorprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG an ein anderes Amtsgericht nach § 3 FamFG verweist. Wird ein Amtsgericht um Vorprüfung nach § 166 Abs. 2 FamFG ersucht, obwohl es weder das Ausgangsgericht ist noch das Kind seinen regelmäßigen Aufenthalt in seinem Zuständigkeitsbereich hat, kann es das Verfahren nicht nach § 3 FamFG verweisen.
BVerfG v. 3.6.2025 - 1 BvR 2017/21
Das BVerfG hat die in einem vorausgegangenen Urteil angeordnete Fortgeltungen der für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten gesetzlichen Vorschriften zur Vaterschaftsanfechtung verlängert.
BGH v. 21.5.2025 - XII ZB 486/24
Die zum 1.1.2025 aufgehobene Vorschrift des § 7 a UVG ist auch weiterhin auf Unterhaltsansprüche anzuwenden, die bereits vor diesem Zeitpunkt fällig geworden und dann auf den Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind. § 7 a UVG hindert die gerichtliche Geltendmachung derartiger Unterhaltsansprüche für solche Zeiträume nicht, in denen der Unterhaltspflichtige über eigenes Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügte. Letzteres war auch dann der Fall, wenn der Unterhaltspflichtige die Absetzbeträge des § 11 b SGB II übersteigende Erwerbseinkünfte erzielte und lediglich ergänzende Leistungen nach dem SGB II bezog (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 31.5.2023 - XII ZB 190/22, FamRZ 2023, 1287).
OLG Karlsruhe v. 30.5.2025 - 5 WF 4/25
Nach der seit dem 1.5.2025 geltenden Regelung des § 1617e Abs. 2 Satz 2 BGB bedarf es für die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes lediglich einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Für die Ersetzung genügt nunmehr ein einfaches Überwiegen der Interessen, die für eine Einbenennung streiten.
BGH v. 16.4.2025 - XII ZB 227/24
Unter den Bedingungen der beginnenden Corona-Pandemie lag ein besonderer Ausnahmefall vor, in dem die Bestellung eines Ergänzungspflegers telefonisch erfolgen konnte (Fortführung von Senatsbeschlüssen vom 15.1.2020 - XII ZB 627/17 - FamRZ 2020, 601 und vom 13.12.2017 - XII ZB 436/17 - FamRZ 2018, 513). Ein Ergänzungspfleger kann eine Vergütung nach dem RVG beanspruchen, soweit er aufgrund seiner Bestellung Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie als Ergänzungspfleger berechtigterweise einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (im Anschluss an u.a. Senatsbeschlüsse vom 8.1.2025 - XII ZB 477/22 - MDR 2025, 415; vom 14.8.2024 - XII ZB 478/22 - FamRZ 2024, 1897).
BGH v. 9.4.2025 - XII ZB 163/24
Ein elektronisch beim unzuständigen Gericht eingegangener Schriftsatz wahrt die Rechtsmittelfrist auch dann, wenn dieser bei einer postalischen Übersendung an das zuständige Rechtsmittelgericht dort innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist eingeht (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 242, 112 = FamRZ 2025, 190).
AG Darmstadt 3.4.2025 - 50 III 8/25
„Luft Feli“ ist ein nach § 2 SBGG wählbarer Vorname, der auch nicht gegen den Grundsatz der geschlechtskonnotativen Kongruenz verstößt. Für die Vornamensbestimmung nach § 2 Abs. 3 SBGG gelten dieselben Regeln wie für die Vornamensbestimmung bei der Geburt.
OLG Brandenburg v. 24.4.2025 - 13 WF 25/25
Da die Spezialregelung des § 183 FamFG bei Anträgen auf Feststellung der Vaterschaft nach § 169 Nr. 1 FamFG nicht eingreift, richtete sich die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG. Dies gilt auch im Fall der Antragsrücknahme. Die Beteiligung eines minderjährigen Kindes - dem nach § 81 Abs. 3 FamFG nur in seine Person betreffenden Kindschaftssachen, nicht hingegen in Abstammungssachen generell keine Kosten auferlegt werden können - an den Gerichtskosten wäre unbillig, wenn es keinen Einfluss auf das Verhalten der in Frage kommenden Elternteile hat.
OLG Frankfurt a.M. v. 30.4.2025 - 6 UF 72/25
Die mitsorgeberechtigte, mit dem Kindesvater nicht verheiratete Mutter ist in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht von der Vertretung des antragstellenden Kindes ausgeschlossen. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist insoweit unzulässig. Bestellt der Rechtspfleger gleichwohl einen Ergänzungspfleger und erklärt dieser, die Vaterschaft im Namen des Kindes nicht anfechten zu wollen, ist die Mutter gegen die richterliche Entscheidung, die Pflegschaft sei nach § 1812 Abs. 2 BGB beendet, nicht beschwerdeberechtigt.
BGH v. 2.4.2025 - XII ZB 576/24
Im Verfahren auf Abänderung des Versorgungsausgleichs nach Tod eines Ehegatten sind gem. § 88 Abs. 2 SGB VI die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten nur dann für die Bewertung des Anrechts maßgebend, wenn ein neuer Rentenbezug spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs der Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfolgt (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 23.8.2023 - XII ZB 202/22 - FamRZ 2023, 1858).
OLG Rostock v. 14.4.2024 - 11 WF 37/25
Der Gesetzgeber hat eine grundsätzlich verpflichtende Zeitvorgabe für das Gericht gemacht, die nur in Ausnahmefällen überschritten werden darf. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls ist vom Gericht jeweils im Einzelfall zu prüfen. Im Zweifel gilt das Beschleunigungsgebot. Ein Tätigkeitsverbot nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 FamFG, 47 Abs. 1 ZPO tritt nur ein, wenn ein Ablehnungsgesuch einschließlich Begründung im anhängigen Verfahren gestellt wird.
OLG Hamm v. 6.3.2025 - 5 UF 210/24
Geht eine Kindeswohlgefährdung i.S.d. § 1666 BGB für ein im Haushalt seiner Eltern lebendes Kind von beiden Eltern aus, kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht wegen unzulässiger Teilentscheidung gem. § 69 Abs. 1, S. 2 FamFG auch dann in Betracht, wenn dieses in Unkenntnis des Bestehens der gemeinsamen elterlichen Sorge lediglich dem von ihm für alleinsorgeberechtigt angesehenen Elternteil gem. § 1666 BGB die elterliche Sorge oder Teile derselben entzogen hat und eine Entscheidung über den Entzug der elterlichen Sorge oder Teile derselben hinsichtlich des anderen – mitsorgeberechtigten – Elternteils nicht getroffen hat.
BVerfG v. 9.4.2025 - 1 BvR 1618/24
Das BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen fachgerichtliche Beschlüsse in einem Sorgerechtsstreit zwischen geschiedenen Eltern richtete. Um das Sorgerecht für zwei ihrer insgesamt vier Kinder haben die Eltern sowohl in Deutschland als auch in Dänemark verschiedene gerichtliche Verfahren geführt, insbesondere um das Recht, den Aufenthaltsort der Kinder zu bestimmen. Es sind weder für die Beschwerdeführerin noch rechtlich belastende Wirkungen der deutschen Entscheidungen ersichtlich noch eine Verletzung von Grundrechten der Mutter durch diese Entscheidungen erkennbar.
BGH v. 5.3.2025 - XII ZB 88/24
Sorgerecht und Umgang stellen unterschiedliche Verfahrensgegenstände dar, die nach der eindeutigen gesetzlichen Konzeption in eigenständigen Verfahren zu behandeln und zu entscheiden sind. Schon wegen der Verschiedenheit der Verfahrensgegenstände kann eine gerichtlich gebilligte Umgangsregelung einer Sorgerechtsregelung nicht entgegenstehen oder dieser vorgreiflich sein.
BGH v. 26.3.2025 - IV ZB 15/24
Die Vorschrift des § 2270 BGB ist nur auf das gemeinschaftliche Testament und nicht auf Verfügungen in einem Erbvertrag anwendbar. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheidet aus.
OLG Rostock v. 22.1.2025 - 11 WF 47/25
Eine Beschleunigungsrüge kann auf bestimmte Abschnitte des Verfahrens - sei es in zeitlicher Hinsicht, sei es in der Abgrenzung von Hauptsache einerseits und Zwischenverfahren andererseits - beschränkt werden. Insoweit stellt die Rüge einer Verzögerung des Ablehnungsverfahrens einen anderen Verfahrensgegenstand dar als eine solche bzgl. einer Verzögerung des Verfahrens in der Hauptsache; verhält sich die Entscheidung über die Beschleunigungsrüge lediglich zu letzterem, nicht aber zu ersterem, ist i.S.v. § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG eine Entscheidung über das dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegende Rechtsverhältnis noch nicht getroffen und eine Zurückverweisung nach dieser Vorschrift möglich.
OLG Stuttgart v. 27.1.2025, 11 UF 222/24
Folgenschwere Körperverletzungen während der Ehe können zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen (hier: Erblindung auf einem Auge infolge von Tätlichkeiten). Auch eine lange Trennungsdauer kann den vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigten.
OLG Oldenburg v. 24.3.2025 - 3 UF 108/23
Der Ausgleich einer Privatvorsorge wegen Invalidität/ private Berufsunfähigkeitsversicherung bei Ehescheidung findet in Fällen grober Unbilligkeit nicht statt. Das kann der Fall sein, wenn der andere Ehegatte ebenfalls eine Invaliditätsversorgung erhält, die jedoch - wie etwa eine gesetzliche Unfallversicherung - nicht unter den Versorgungsausgleich fällt.
EuGH v. 10.4.2025 - C-607/21
Ein Drittstaatsangehöriger, der Elternteil eines Unionsbürgers ist, hat im Aufnahmemitgliedstaat ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate, sofern er nachweist, dass ihm sowohl in seinem Herkunftsland zu dem Zeitpunkt, als er dieses verlassen hat, als auch zu dem Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltskarte von diesem Unionsbürger Unterhalt gewährt wird, wenn zwischen diesen beiden Zeitpunkten mehrere Jahre vergangen sind. Das abgeleitete Aufenthaltsrecht darf dem Drittstaatsangehörigen, der diese Voraussetzung erfüllt, nicht mit der Begründung versagt werden, dass er sich zum Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltskarte nach den nationalen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats dort illegal aufhält.
OLG Hamm v. 4.2.2025 - 4 UF 164/24
Fehlt die eine korrigierende Operation befürwortende Stellungnahme einer interdisziplinären Kommission, und damit eine entsprechende Vermutung nach § 1631e Abs. 3 S. 3 BGB, ist die Prüfung der Kindeswohldienlichkeit nach einer umfassenden Interessenabwägung vorzunehmen. Je weniger gewichtig die konkrete medizinische Indikation ist, umso mehr Gewicht hat eine umfassende Aufklärung der Eltern. Je stärker eine Operation aus medizinischen Gründen indiziert ist, umso weniger kann es darauf ankommen, ob die Eltern sich über alle Facetten der Varianten der Geschlechtsentwicklung informiert haben.
Thüringer OLG v. 2.4.2025 - 1 UF 16/25
In der Regel darf sich ein Familiengericht nicht darauf beschränken, eine Umgangsregelung lediglich abzulehnen. In einer solchen Vorgehensweise liegt eine unzulässige Teilentscheidung, die eine Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG gestattet.
EuGH, C-713/23: Schlussanträge des Generalanwalts vom 3.4.2025
Das Unionsrecht verpflichtet einen Mitgliedstaat zur Anerkennung der Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Personen, aber nicht zur Eintragung der Heiratsurkunde in ein Personenstandsregister. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Eintragung das einzige Mittel ist, die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen in einem Mitgliedstaat anzuerkennen, der dies nicht vorsieht.
BGH v. 19.2.2025 - XII ZB 377/24
Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt nach § 212 Abs. 2 BGB als nicht eingetreten, wenn die Zwangsvollstreckung aus dem zugrundeliegenden Titel nach § 767 ZPO mangels hinreichender Bestimmtheit der Tenorierung rechtskräftig für unzulässig erklärt worden ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung hat der Gläubiger in analoger Anwendung des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB die Möglichkeit, durch weitere Maßnahmen zur Rechtsverfolgung den Verjährungseintritt zu verhindern.
LG Berlin II v. 1.4.2025 - 26 O 133/24
Ein Vater, der nach der Geburt seines Kindes statt eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs Erholungsurlaub nimmt, hat gegenüber der Bundesrepublik Deutschland keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer fehlenden Umsetzung der EU-Richtlinie zur Familienstartzeit (Richtlinie EU 2019/1158 - Vereinbarkeitsrichtlinie).
AG Gemünden v. 17.3.2025 - 002 F 72/25
Betreuen verheiratete Eltern ein Kind im paritätischen Wechselmodell, so kann ein Elternteil den Unterhaltsanspruch des Kindes im eigenen Namen gem. § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB geltend machen. Einer Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB oder der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf es nicht.
AG Sonneberg v. 10.3.2025 - 1 F 56/23
Eine Verpflichtung des umgangsberechtigten Elternteils, dass dieser vor jeder Umgangswoche, den anderen Elternteil zur Nachschau in seine Wohnung lässt, dass dieser kontrollieren kann, dass „Sex-Utensilien“ für die Kinder unzugänglich verwahrt werden, kann nicht auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Kindeswohl der betroffenen Kinder konkret gefährdet würde, wenn diese zufällig mit diesen „Sex-Utensilien“ in Berührung kommen, könnte ein Gebot nach § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB in Betracht kommen.
OLG Brandenburg v. 5.2.2025 - 9 UF 169/24
Zwar steht es den Vertragsparteien frei, eine Vereinbarung zu treffen, die sich auf die konkrete Verletzungsform beschränkt, mit der Folge, dass die Vertragsstrafe nur bei völlig gleichen Verletzungshandlungen verwirkt ist. Dafür bedarf es aber regelmäßig besonderer Anhaltspunkte. Fehlt es daran, ist an der Grundregel festzuhalten, dass von einer Unterlassungserklärung auch Verletzungsformen erfasst werden, die im Kern gleichartig sind.
BGH v. 5.2.2025 - XII ZB 187/24
Keinen Vorschuss für Rechtsverfolgung oder -beratung des Ehegatten außerhalb gerichtlicher Verfahren
Die zwischen getrenntlebenden Ehegatten bestehende Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses erstreckt sich nicht auf die Kosten einer vor- oder außergerichtlichen Rechtsberatung oder Vertretung.
OLG Köln v. 10.2.2025 - 5 U 33/23
Ermittelt ein Arzt wenige Tage vor der Geburt bei einer Ultraschalluntersuchung der adipösen und an Gestionsdiabetes erkrankten Mutter ein Schätzgewicht des Kindes, das unter dem vor drei Wochen in demselben Krankenhaus ermittelten Schätzgewicht liegt, so kann in dem Unterlassen der Vornahme oder Veranlassung einer Kontrolluntersuchung – vorbehaltlich abweichender sachverständiger Feststellungen im Einzelfall – ein (auch grober) Behandlungs- und Befunderhebungsfehler liegen.