OLG Karlsruhe v. 30.5.2025 - 5 WF 4/25

Zur Einbenennung eines Kindes nach neuem Recht

Nach der seit dem 1.5.2025 geltenden Regelung des § 1617e Abs. 2 Satz 2 BGB bedarf es für die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes lediglich einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Für die Ersetzung genügt nunmehr ein einfaches Überwiegen der Interessen, die für eine Einbenennung streiten.

Der Sachverhalt:
Frau T und Herr H sind die Eltern einer 2014 geborenen Tochter (X). X führte zunächst den Namen T, den Geburtsnamen ihrer Mutter. Nach der Hochzeit der Eltern im Oktober 2017 nahmen sowohl X als auch die Mutter den Namen H des Vaters an. Die Ehe der Eltern wurde im Mai 2021 rechtskräftig geschieden. Im November desselben Jahres heiratete die Mutter Herrn K; sie trägt seither den Namen K. Auch das im März 2022 geborene Kind Y, die Halbschwester von X, führt diesen Namen. X lebt seit der Trennung der Eltern bei der Mutter. Der Vater übte zunächst unbegleiteten Umgang mit X aus. Im Dezember 2020 kam es zu einem Polizeieinsatz, da der Vater sich weigerte, X nach einem Umgang der Mutter zu übergeben. Seither bestehen mit Ausnahme eines begleiteten Umgangs im Mai 2021 keine Kontakte mehr zwischen Vater und Tochter.

Im März 2023 wurde der Mutter die alleinige elterliche Sorge für das Kind X übertragen und der Umgang des Vaters mit dem Kind bis zum 24.3.2025 ausgeschlossen. Im September 2024 beantragte die Mutter, die Einwilligung des Vaters zur Einbenennung X auf ihren nunmehrigen Ehenamen K zu ersetzen. X habe zu ihrem Vater keine Beziehung mehr, lediglich negative Erinnerungen. Um das Erlebte aufzuarbeiten, sei X zweimal in psychologischer Behandlung gewesen. Den neuen Ehemann der Mutter nenne X Papa. X wolle sich mit dem Namen K der neuen Familie abschließend zugehörig fühlen. Der alte Name belaste sie. Der Vater bat im Oktober 2024 darum, bis auf Weiteres von den "Machenschaften des Gerichts" verschont zu bleiben. Er sei voraussichtlich bis Anfang 2025 erkrankt. Das Familiengericht hörte im November 2024 das Kind und die Mutter persönlich an. Während der Anhörung war X emotional sehr belastet und weinte. 

Ohne persönliche Anhörung des Vaters und ohne Beteiligung des Jugendamtes ersetzte das AG - Familiengericht - im November 2024 die Einwilligung des Vaters zur Einbenennung des Kindes X auf den nunmehrigen Ehenamen der Mutter. Die Interessen des Vaters müssten vorliegend gegenüber den Interessen des Kindes zurücktreten. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Gem. der seit dem 1.5.2025 geltenden Regelung des § 1617e Abs. 2 Satz 2 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Einbenennung dem Wohl des Kindes dient.

Während die am 30.4.2025 außer Kraft getretene Regelung des § 1618 Satz 4 BGB für die Ersetzung der Einwilligung voraussetzte, dass die Einbenennung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, genügt nunmehr, dass die Einbenennung dem Wohl des Kindes dient. Damit werden die Voraussetzungen, unter denen die Einwilligung ersetzt werden kann, erheblich erleichtert. Aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der Anerkennung vielfältiger Familienformen erachtete der Gesetzgeber diesen strengen Maßstab, der vorrangig dem Schutz der Namenskontinuität und dem Erhalt der Namensgleichheit mit dem nicht betreuenden Elternteil diente, für nicht mehr angemessen.

Die Neuregelung findet vorliegend Anwendung. Einschlägige Sonderregelungen für vor dem 1.5.2025 eingeleitete Verfahren sind in der Überleitungsvorschrift (Art. 229 § 67 EGBGB) nicht enthalten. Dem Wohl des Kindes dient die Einbenennung, wenn das Interesse des Kindes an der Namensänderung das Interesse an der Beibehaltung überwiegt. Damit ist auch weiterhin eine Abwägung der widerstreitenden Interessen geboten, jedoch genügt jetzt ein einfaches Überwiegen der Interessen, die für eine Einbenennung streiten. Hierfür sind die bisherigen Abwägungskriterien weiterhin von Belang. Zu berücksichtigen sind daher das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil, die Bindungen an den Stiefelternteil, die Belastungen durch die Namensverschiedenheit und altersabhängig der Kindeswille.

Danach ist im Streitfall die Zustimmung des Vaters zur Einbenennung in Form der Erteilung des Ehenamens zu ersetzen. X wünscht sich die Einbenennung. X hat in der richterlichen Anhörung klar geäußert, dass sie gerne den Namen K tragen würde. Sie verfügt mit ihrem Alter von fast 11 Jahren über die Kompetenzen, die für eine Willensbildung erforderlich sind. Für eine Einbenennung spricht auch die fehlende Beziehung des Kindes zum Vater. Umgangskontakte finden seit 4 Jahren nicht statt. Zu ihrem Stiefvater hat X hingegen gute Bindungen, auch dies spricht für eine Einbenennung. Bei der Abwägung sind ferner die derzeitigen Belastungen X aufgrund ihres Namens zu berücksichtigen. Eine weitere Belastung X beruht auf der Namensverschiedenheit zu ihrer Mutter und ihrer Halbschwester. 

Der Aspekt der Namenskontinuität spricht zwar vorliegend gegen eine Einbenennung. Der Namenskontinuität kommt aufgrund der gewandelten Verhältnisse aber nicht mehr die Bedeutung zu, die ihr früher zukam, zumal der Gesetzgeber nunmehr in § 1617e Abs. 4 BGB auch die Möglichkeit einer Rückbenennung eröffnet hat und damit häufigere Namensänderungen ausdrücklich zulässt. Besondere schützenswerte Interessen des Vaters, die über das allgemeine Interesse eines Elternteils an dem Fortbestand der Namensgleichheit mit dem Kind hinausgehen, hat weder der Vater vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. In der Gesamtabwägung überwiegt daher das Interesse des Kindes X an der Namensänderung deutlich das Interesse des Vaters an der Beibehaltung.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 1617e Einbenennung, Rückbenennung
04/2025

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.06.2025 14:50
Quelle: Landesrecht BW

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