OLG Zweibrücken v. 7.8.2025 - 8 W 66/24

Kopie statt Original? Kein Erbschein bei Zweifeln an der wirksamen Errichtung des Original-Testaments

Zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts ist grundsätzlich das Testament im Original vorzulegen, auf das das Erbrecht gestützt wird. Ist das Original des Testaments jedoch ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar, kann ausnahmsweise auch eine Kopie des Testaments zum Nachweis des Erbrechts ausreichen. Hierfür gelten jedoch hohe Anforderungen. Der Nachweis setzt voraus, dass die Wirksamkeit des "Original-Testaments" bewiesen werden kann. Die Errichtung, die Form und der Inhalt des Testaments müssen so sicher nachgewiesen werden, als hätte die entsprechende Urkunde dem Gericht tatsächlich im Original vorgelegen.

Der Sachverhalt:
Die antragstellende ehemalige Lebensgefährtin des Verstorbenen wollte einen Erbschein erteilt bekommen, der sie als Alleinerbin ausweist. Zur Begründung ihres Anliegens berief sie sich auf ein handschriftlich erstelltes und unterzeichnetes Testament des Verstorbenen. Allerdings lag dieses Testament lediglich als Kopie vor. Das AG hörte zum Zustandekommen, zur Errichtung und zum Inhalt dieses Testaments zwei Zeuginnen an. Diese gaben an, dabei gewesen zu sein, als der Verstorbene das "Original-Testament" geschrieben habe.

Das AG wies den Antrag dennoch zurück und erteilte der Antragstellerin keinen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Berufung der Antragstellerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts ist grundsätzlich das Testament im Original vorzulegen, auf das das Erbrecht gestützt wird. Ist das Original des Testaments jedoch ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar, kann ausnahmsweise auch eine Kopie des Testaments zum Nachweis des Erbrechts ausreichen. Hierfür gelten jedoch hohe Anforderungen. Der Nachweis setzt voraus, dass die Wirksamkeit des "Original-Testaments" bewiesen werden kann. Die Errichtung, die Form und der Inhalt des Testaments müssen so sicher nachgewiesen werden, als hätte die entsprechende Urkunde dem Gericht tatsächlich im Original vorgelegen.

Vorliegend blieben auch nach Anhörung der Zeugen einige Zweifel an der Wirksamkeit des "Original-Testaments" bestehen. Deshalb kann aus der Kopie des Testaments das Erbrecht der ehemaligen Lebensgefährtin nicht abgeleitet werden. So erscheint es bereits ungewöhnlich, dass der Erblasser seine Bekannten zum Essen zu sich nach Hause eingeladen und ohne Ankündigung und Begründung plötzlich sein Testament in deren Gegenwart errichtet hat. Zudem schilderten die Zeuginnen bereits die genauen Umstände der Testamentserrichtung unterschiedlich. Sie waren sich zwar darin einig, dass das Testament während eines gemeinsamen Abendessens vom Verstorbenen innerhalb einer halben Stunde in ihrer Anwesenheit geschrieben und laut vorgelesen wurde. Während eine Zeugin jedoch berichtete, dass die ehemalige Lebensgefährtin währenddessen in der Küche gekocht habe, schilderte die andere Zeugin dagegen, dass die Anfertigung des Testaments erst nach dem Essen stattgefunden habe. 

Weiter spricht der Inhalt des Testaments gegen die von den beiden Zeuginnen geschilderten Umstände des Zustandekommens. Das Testament ist mehrere Seiten lang, beinhaltet mehrere Begünstigte, konkrete Daten mehrerer Rentenversicherungen und verschiedene Kontonummern. In dieser Situation sind die Aussagen, dass der Verstorbene das Testament ohne Zuhilfenahme von Vertragsunterlagen oder ähnliches geschrieben habe, wenig plausibel. 

Schließlich konnte auch keine der beiden Zeuginnen schildern, gesehen zu haben, dass der Verstorbene das beim Abendessen errichtete Schriftstück auch eigenhändig unterschrieben habe. Dies wäre aber erforderlich, um zur Überzeugung der Errichtung eines formwirksamen Testaments gelangen zu können. Alle diese Umstände würden dazu führen, dass das Gericht nicht sicher überzeugt war, dass das beim Abendessen verfasste Schriftstück mit der für ein Testament erforderlichen Endgültigkeit und die Rechtsverbindlichkeit vom Verstorbenen abgefasst wurde.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.09.2025 16:55
Quelle: OLG Zweibrücken PM vom 17.9.2025

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