OLG Frankfurt a.M. 6.6.2025 - 6 UF 108/25

Beschwer bei Entscheidung über Kindergeldbezugsberechtigung

Auch soweit Eltern ein Kind im paritätischen Wechselmodell betreuen, besteht im Regelfall bei einer erstinstanzlichen Entscheidung zur Kindergeldbezugsberechtigung nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG i.V.m. § 231 Abs. 2 FamFG keine über 600 € liegende Beschwer.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind die Eltern eines 2009 geborenen Jungen, den sie seit Anfang 2020 im paritätischen Wechselmodell betreuen. Sie stritten um die Bezugsberechtigung für das Kindergeld, das bis dahin an die Antragsgegnerin ausgezahlt worden war. Die Beteiligten hatten die Antragsgegnerin durch von beiden unterzeichnetes Schreiben vom 10.8.2019 an die Familienkasse zur Kindergeldberechtigten bestimmt. Der Kindesvater hat bei der Familienkasse beantragt, das Kindergeld zukünftig an ihn auszuzahlen. Die Familienkasse hat ihn daraufhin aufgefordert, entweder eine neue Berechtigungsbestimmung einzureichen oder eine Berechtigungsbestimmung beim Familiengericht einzuholen und mitgeteilt, dass die Kindergeldzahlungen ab Dezember 2024 vorläufig eingestellt würden.

Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren beantragt, ihn gem. § 64 EstG als Bezugsberechtigten für das Kindergeld zu bestimmen, weil die Kindesmutter vereinbarungswidrig kein gesondertes Kindergeldkonto führe, ihm keine Kontoauszüge mehr überlasse, die Verwendung des Kindergelds intransparent sei und oft nicht mit seinem Einverständnis erfolge. Das AG hat eine Änderung der Kindergeldberechtigung abgelehnt. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde als unzulässig verworfen.

Die Gründe:
Die Beschwerde war zu verwerfen, weil der Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG) von 600 € nicht erreicht worden war.

§ 9 ZPO, wonach der 3,5-fache Jahreswert angesetzt wird, ist hier nicht anwendbar, weil die Frage der Kindergeldbezugsberechtigung wegen ihrer Zweckgebundenheit und ihres Einflusses auf die Höhe des zu zahlenden Kindesunterhalts nicht mit der unmittelbaren Leistung von Unterhalt i.S.d. in § 231 Abs. 1 FamFG genannten Verfahren gleichgesetzt werden kann. Nicht maßgeblich war auch - anders als der Antragsteller meinte - der auf ein Jahr hochgerechnete Betrag. Denn § 51 Abs. 1 FamGKG gilt nur für Unterhaltssachen, die Familienstreitsachen sind.

Nach § 51 Abs. 3 FamGKG beträgt der Verfahrenswert in Unterhaltssachen die nicht Familienstreitsachen sind 500 €. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bestimmt die Vorschrift lediglich den Wert für die Verfahrensgebühren und ist nicht mit der Beschwer gleichzusetzen. Der Gesetzgeber hat aber mit dieser Vorschrift und in der Gesetzesbegründung (BT-Dr. 16/6308, 307) zum Ausdruck gebracht, dass er den Verfahren nur eine geringe wirtschaftliche Bedeutung zuerkennt, weil sie insbesondere auch keine Entscheidung über die wirtschaftliche Zuweisung des Kindergeldes an einen Elternteil treffen. § 64 EStG dient der Verwaltungsvereinfachung und enthält keine Festlegung, welchem Elternteil das Kindergeld zusteht. Dies ist Aufgabe des zivilrechtlichen Ausgleichs zwischen den Eltern, der bei minderjährigen Kindern in der Regel durch Anrechnung auf den Barbedarf des Kindes (§ 1612b Abs. 1 BGB) bewirkt wird. Das wirtschaftliche Interesse eines Beschwerdeführers an der Kindergeldbezugsberechtigung wird daher im Regelfall einen Wert von 600 € nicht erreichen.

Ein Ausnahmefall, der die Annahme eines über 600 € liegenden wirtschaftlichen Interesses rechtfertigt, lag nicht vor. Das OLG Brandenburg (Beschl. v. 31.5.2023 - 13 WF 83/23) hat zwar in einem Fall, in dem die Beteiligten ihre vier Kinder im paritätischen Wechselmodell betreut und sich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung im Innenverhältnis wechselseitig von Unterhaltsansprüchen freigestellt haben, für die dortige Antragstellerin eine über 600 € liegende Beschwer angenommen. Der Fall lag hier aber anders. Es ging lediglich um ein Kind, das zwar von den Beteiligten im paritätischen Wechselmodell betreut wird. Eine entsprechende Vereinbarung, nach der die Beteiligten wechselseitig auf Kindesunterhalt verzichten und einem der Beteiligten oder gar dem Antragsteller als Unterhaltsersatz für den wechselseitigen Verzicht auf Kindesunterhalt das Kindergeld zustehen sollte, hatte der Antragsteller nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

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Aufsatz
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Christian Kohler / Walter Pintens, FamRZ 2024, 1413

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.06.2025 16:53
Quelle: LaReDa Hessen

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