BGH v. 11.6.2025 - XII ZB 354/22

Feststellungsantrag zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung eines Eintragungs-/ Berichtigungsantrags nach Vollziehung der begehrten Amtshandlung nicht statthaft

Wird die von einem Beteiligten begehrte Amtshandlung des Standesamts im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens nach §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 PStG vollzogen, ist ein Antrag auf gerichtliche Feststellung, dass die Ablehnung des Eintragungs- oder Berichtigungsantrags rechtswidrig war, nicht statthaft, weil hierfür weder im Personenstandsgesetz eine rechtliche Grundlage besteht noch eine direkte oder analoge Anwendung des § 62 FamFG in Betracht kommt. Die aufgrund einer Adoption erfolgte Eintragung eines Elternteils in das Geburtenregister führt nicht zur Erledigung eines Berichtigungsantrags, mit welchem die Eintragung als weiterer Elternteil bereits mit der Geburt des Kindes begehrt worden ist.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) und das betroffene Kind begehren die Feststellung, dass das Standesamt verpflichtet war, die Beteiligte zu 2) als Elternteil des Kindes im Geburtenregister allein aufgrund der Geburtsanzeige nebst Anlagen einzutragen. Die Beteiligte zu 1) (Mutter) und die Beteiligte zu 2), die eine nicht binäre Geschlechtsidentität besitzt und als "divers" im Geburtenregister eingetragen ist, schlossen am 23.7.2018 die Ehe. Am 27.2.2020 gebar die Mutter die betroffene Tochter. Die Geburt wurde aufgrund einer Geburtsanzeige der Mutter und der Beteiligten zu 2) durch die Standesbeamtin des Beteiligten zu 3) (Standesamt) am 6.3.2020 unter Eintragung der Mutter als alleinigem Elternteil beurkundet.

Bereits mit Antrag vom 6.2.2020 hatten die Mutter und die Beteiligte zu 2) beim AG F. die Anweisung an das Standesamt begehrt, auch die Beteiligte zu 2) als weiteren Elternteil in das Geburtenregister einzutragen. Nach der Geburt der Tochter begehrten sie die Anweisung zur Berichtigung der entsprechenden Beurkundung. Mit Beschluss vom 3.11.2020 sprach das AG D. die Annahme der Tochter als Kind durch die Beteiligte zu 2) aus. Letztere wurde sodann als zweiter Elternteil der Tochter am 3.12.2020 durch das Standesamt im Geburtenregister eingetragen. Im Anschluss daran nahmen die Mutter und die Beteiligte zu 2) ihren bisherigen Antrag zurück und begehren nunmehr - ebenso wie die Tochter - die Feststellung, dass das Standesamt verpflichtet war, die Beteiligte zu 2) als Elternteil der Tochter im Geburtenregister allein aufgrund der Geburtsanzeige nebst Anlagen zu registrieren.

Das AG wies den Antrag als unzulässig zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Eltern und des Kindes blieb vor dem OLG ebenso erfolglos wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Der zuletzt gestellte Feststellungsantrag ist, auch in der im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemachten Fassung, nicht statthaft, weil hierfür weder im Anweisungsverfahren nach § 49 Abs. 1 PStG eine rechtliche Grundlage besteht noch eine direkte oder analoge Anwendung des § 62 FamFG in Betracht kommt.

Das OLG hat zu Recht angenommen, dass das PStG kein gerichtliches Verfahren für die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Entscheidung des Standesamts vorsieht. In Verfahren nach dem PStG wird der gerichtliche Rechtsschutz eines Beteiligten dadurch verwirklicht, dass gem. § 49 Abs. 1 PStG auf dessen Antrag hin das Gericht das Standesamt zur Vornahme der abgelehnten Amtshandlung anweisen kann. Gegen die Entscheidung des Gerichts kann der Beteiligte nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG i.V.m. § 58 ff. FamFG Beschwerde einlegen. Wird die von einem Beteiligten begehrte Amtshandlung des Standesamts im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nach § 49 Abs. 1 PStG vollzogen und ist damit die Grundlage für eine Sachentscheidung über den Verfahrensgegenstand im gerichtlichen Anweisungsverfahren nach § 49 Abs. 1 PStG entfallen, ist dieses dadurch in der Hauptsache erledigt. Weitere Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere einen Antrag auf Feststellung, dass die Entscheidung des Standesamts rechtswidrig oder dieses verpflichtet war, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen, sieht das PStG nicht vor.

Ebenfalls zutreffend hat das OLG angenommen, dass sich die Statthaftigkeit des Feststellungsantrags weder aus einer direkten noch einer analogen Anwendung des § 62 FamFG ergibt. Da § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG für das gerichtliche Verfahren in Personenstandssachen auf die Vorschriften des FamFG verweist, ist § 62 FamFG im vorliegenden Verfahren zwar grundsätzlich anwendbar. Die Vorschrift ermöglicht es jedoch nicht, die Rechtswidrigkeit einer Verwaltungsmaßnahme - wie hier der Weigerung des Standesamts, die beantragte Eintragung in das Geburtenregister vorzunehmen - nachträglich durch das Beschwerdegericht feststellen zu lassen. Prüfungsgegenstand des Feststellungsverfahrens nach § 62 FamFG kann allein eine gerichtliche Entscheidung sein, wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt. Zu Recht hat das OLG angenommen, dass sich die Zulässigkeit des Feststellungsantrags im vorliegenden Fall auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 62 FamFG ergibt.

Die fehlende Statthaftigkeit des Feststellungsantrags führt vorliegend auch nicht zu einer Rechtsschutzlücke, durch welche die Mutter und die Beteiligte zu 2) benachteiligt werden. Denn das von ihnen eingeleitete Anweisungs- bzw. Berichtigungsverfahren hat sich durch die nach der Adoption des Kindes erfolgte Eintragung der Beteiligten zu 2) als weiterer Elternteil in das Geburtenregister nicht erledigt, so dass die Mutter und die Beteiligte zu 2) ihr ursprüngliches Rechtsschutzziel in diesem Verfahren hätten weiterverfolgen können. Durch die nach der Adoption des Kindes erfolgte Eintragung der Beteiligten zu 2) in das Geburtenregister als weiterer Elternteil ist keine Erledigung des Verfahrensgegenstands eingetreten. Verfahrensgegenstand war zunächst die nach § 49 Abs. 1 PStG erstrebte gerichtliche Anweisung an das Standesamt, die Beteiligte zu 2) als weiteren Elternteil für das erwartete Kind in das Geburtenregister einzutragen. Nach der Geburt der Tochter begehrten sie die Anweisung zur Berichtigung der Eintragung der Mutter als alleinigem Elternteil. Dabei war ihr Rechtsschutzbegehren ersichtlich darauf gerichtet, dass die Beteiligte zu 2) nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG im Wege der Erstbeurkundung als weiterer Elternteil im Geburtenregister eingetragen wird. Über dieses Rechtsschutzbegehren hätte in dem eingeleiteten Verfahren auch nach der Eintragung der Beteiligten zu 2) in das Geburtenregister noch eine Sachentscheidung ergehen können. 

Da die Wirksamkeit des Adoptionsbeschlusses nach § 197 Abs. 2 FamFG erst mit der Zustellung an den Annehmenden eintritt und die Adoptionsentscheidung nach § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB nur für die Zukunft wirkt, handelt es sich bei der erfolgten Eintragung der Beteiligten zu 2) in das Geburtenregister um eine Folgebeurkundung nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 PStG, mit der beurkundet wird, dass die Beteiligte zu 2) mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Adoptionsbeschlusses die Stellung als weiterer Elternteil des Kindes erlangt hat. Die erfolgte Eintragung der Beteiligten zu 2) im Geburtenregister bleibt daher inhaltlich hinter dem von der Mutter und der Beteiligten zu 2) verfolgten Rechtsschutzbegehren zurück, weshalb sie nicht zur Erledigung des auf Vornahme der Erstbeurkundung gerichteten Antrags führen konnte. Die Mutter und die Beteiligte zu 2) hätten vielmehr das Verfahren mit ihrem ursprünglichen Antragsziel auch nach der vorgenommenen Eintragung der Beteiligten zu 2) als weiterer Elternteil fortführen können. Hätten sie mit diesem Antragsbegehren Erfolg gehabt, wäre die zwischenzeitlich erfolgte Eintragung der Beteiligten zu 2) im Geburtenregister entsprechend zu berichtigen gewesen. Dass es zu einer entsprechenden Entscheidung des AG nicht gekommen ist, beruhte allein darauf, dass die Mutter und die Beteiligte zu 2) ihren entsprechenden Antrag zurückgenommen haben.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.08.2025 15:45
Quelle: BGH online

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