OLG Hamm v. 7.7.2025 - 2 UF 180/24

Keine Aufklärungs- und Anhörungspflichten bei aus Rechtsgründen ausgeschlossenem Anspruch

Verfolgt ein Antragsteller einen Anspruch, der ihm aus Rechtsgründen nicht zusteht, besteht kein Anlass, den Sachverhalt gem. § 26 FamFG weiter aufzuklären. In diesem Fall gebietet § 155 Abs. 2 FamFG nicht die Erörterung in einem Termin. Auch die Anhörung der Eltern, die persönliche Anhörung des Kindes und die Bestellung eines Verfahrensbeistandes sind nicht veranlasst. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller die Herausgabe eines Kindes beansprucht, für das ihm die Personensorge nicht zusteht.

Der Sachverhalt:
Die Kindesmutter übt die elterliche Sorge für die beiden Kinder alleine aus. Die Kindeseltern hatten 2023 eine gerichtliche Vereinbarung abgeschlossen, nach der der Kindesvater berechtigt und verpflichtet ist, alle zwei Wochen Umgang mit den gemeinsamen Kindern auszuüben, indem er die Kinder am Kindergarten abholt und zum Ende des Umgangskontakts bei der Kindesmutter vorbeibringt. Dies tat er ab Anfang 20024 nicht mehr, so dass das Jugendamt dem AG am 27.3.2025 mitteilte, dass der Umgangsvergleich nicht mehr praktikabel erscheine.

In der mündlichen Verhandlung am 29.4.2025 äußerte der Kindesvater seinen Unmut, beleidigte die Kindesmutter und verließ das Gericht in einer Verhandlungspause. Nach Anhörung der Kinder entschied das AG, dass von familiengerichtlichen Maßnahmen, namentlich einer neuen Umgangsregelung, abgesehen wird. Daraufhin forderte der Kindesvater die sofortige Herausgabe seiner Kinder, die mit Gewalt festgehalten würden und zeigte einen Vorfall im Kindergarten an, bei dem seiner Tochter ein Ohrring durch ein anderes Kind herausgerissen worden sei. Außerdem forderte er vom Jugendamt wöchentliche Berichte über seine Kinder.

Das AG hat die Anträge des Kindesvaters zurückgewiesen. Das OLG hat die Beschwerdeverfahren verbunden und die Beschwerden des Kindesvaters zurückgewiesen.

Die Gründe:
Dem Kindesvater steht kein Herausgabeanspruch hinsichtlich seiner Kinder gem. § 1632 Abs. 1 BGB zu.

Der Kindesvater ist nicht Inhaber der Personensorge für die Kinder. Die Kindesmutter ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge für die gemeinsamen Kinder und kann damit auch allein über deren Aufenthalt bestimmen. Ein pauschaler Herausgabeanspruch gegenüber der Kindesmutter, wie ihn der Kindesvater aufgrund seines Umgangsrechtes geltend machte, ist nicht gegeben, zumal der Vergleich mangels familiengerichtlicher Genehmigung gem. § 156 Abs. 2 FamFG auch nicht vollstreckbar wäre.

Der vom nicht sorgeberechtigten Kindesvaters gegenüber dem Jugendamt geltend gemachte Informationsanspruch besteht ebenfalls nicht. Eine Anspruchsgrundlage für die Forderung wöchentlicher Berichte vom Jugendamt über seine Kinder findet sich weder im Familienrecht noch im öffentlichen Recht, namentlich in § 2 SGB VIII, der die Aufgaben des Jugendamts als Träger der öffentlichen Jugendhilfe gem. § 69 Abs. 3 SGB VIII abschließend aufzählt.

AG und OLG waren nicht gehalten, die Anträge des Kindesvaters in einem Termin zu erörtern, § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG. Verfolgt ein Antragsteller einen Anspruch, der ihm aus Rechtsgründen nicht zusteht, besteht kein Anlass, den Sachverhalt gem. § 26 FamFG weiter aufzuklären. In diesem Fall gebietet § 155 Abs. 2 FamFG nicht die Erörterung in einem Termin. Auch die Anhörung der Eltern, die persönliche Anhörung des Kindes und die Bestellung eines Verfahrensbeistandes sind nicht veranlasst. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller die Herausgabe eines Kindes beansprucht, für das ihm die Personensorge nicht zusteht.

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Aufsatz
Yves Döll
Rechtsprechungsübersicht zum Recht der elterlichen Sorge und des Umgangs
FamRZ 2025, 1250

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.09.2025 14:23
Quelle: Justiz NRW

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