BGH v. 1.10.2025 - XII ZB 503/23
Bestimmung des Geburtsnamens bei nicht nachgewiesenem Namen des einen Elternteils
Die Bestimmung des Geburtsnamens durch die sorgeberechtigten Eltern gem. § 1617 Abs. 1 BGB kann sich auch dann auf den nicht nachgewiesenen Namen eines Elternteils richten, wenn die Namensführung des anderen Elternteils nachgewiesen ist. Der gewählte Name ist dann im Geburtenregister als Geburtsname des Kindes mit dem Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" einzutragen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3.2.2021 - XII ZB 391/19 - FamRZ 2021, 831).
Der Sachverhalt:
Das vorliegende Personenstandsverfahren betrifft die Berichtigung des Geburtenregisters nach einer von den Eltern für das Kind getroffenen Namensbestimmung. Das betroffene Kind wurde im August 2022 geboren. Die Mutter ist afghanische Staatsangehörige. Der Vater gibt an, ebenfalls afghanischer Staatsangehöriger zu sein. Identität des Vaters und Eheschließung der Eltern sind nicht nachgewiesen. Schon vor der Geburt hatte der Vater mit Zustimmung der Mutter die Anerkennung der Vaterschaft erklärt und hatten die Eltern Sorgeerklärungen nach § 1626 a BGB abgegeben. Nach der Geburt wählten sie für die Namensführung des Kindes das deutsche Recht und bestimmten den Namen des Vaters zum Geburtsnamen des Kindes.
Die Eintragung des Kindes im Geburtenregister erfolgte zunächst mit dem Namen der Mutter. Das Standesamt legte die Frage sodann im Wege der Zweifelsvorlage dem AG vor. Das AG wies das Standesamt nach § 48 PStG an, im Geburtenregister einen Vermerk beizuschreiben, nach dem Geburtsname des Kindes der Name des Vaters ist mit dem Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen". Das OLG wies die dagegen eingelegte Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurück. Die Rechtsbeschwerde der Standesamtsaufsicht hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der von den Eltern nach § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB erteilte Name des Vaters im Geburtenregister einzutragen ist.
Nach der zu § 1617 b Abs. 1 BGB ergangenen Rechtsprechung des Senats richtet sich die Bestimmung des Geburtsnamens auf den vom Elternteil, dessen Name dem Kind erteilt werden soll, rechtmäßig zu führenden Namen. Wenn dieser nicht dem tatsächlich geführten und im Personenstandsregister eingetragenen Namen entspricht, steht dies der Wirksamkeit der Bestimmungserklärung nicht entgegen. Ist der vom Elternteil zu führende Name nicht nachgewiesen, so ist im Geburtenregister als gewählter Geburtsname des Kindes der vom Elternteil tatsächlich geführte Name mit dem einschränkenden Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" zu beurkunden (BGH v. 3.2.2021 - XII ZB 391/19 - FamRZ 2021, 831 Rn. 17 ff.). Diese Grundsätze gelten ebenfalls für die Namensbestimmung nach § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB, die insoweit keine entscheidenden Besonderheiten aufweist.
Die Beurkundung eines feststehenden Personenstandsfalls kann auch dann geboten sein, wenn einzelne Personenstandsmerkmale sich nicht nachweisen bzw. aufklären lassen. Durch eine Beurkundung trotz verbleibender Unklarheiten wird in diesen Fällen neben dem staatlichen Ordnungsinteresse an der lückenlosen Registrierung feststehender Personenstandsfälle insbesondere auch dem Anspruch der Betroffenen auf Beurkundung Rechnung getragen, ohne dass zugleich dem Registereintrag eine über die vom Standesamt gewonnenen Erkenntnisse hinausgehende Beweiswirkung verliehen wird. An diesen Grundsätzen hat sich durch die zum 1.5.2025 in Kraft getretene Namensrechtsreform nichts geändert. Für eine abweichende Behandlung der vorliegenden Fallkonstellation, in der anders als im Fall des Senatsbeschlusses vom 3.2.2021 nicht die Namensführung beider Eltern, sondern nur die des Vaters ungeklärt und die Namensführung der Mutter nachgewiesen ist, besteht kein Raum.
Die Namensbestimmung ist vom Gesetz in §§ 1617 ff. BGB bewusst den Eltern überantwortet und nicht mit einer Kindeswohlprüfung verbunden. Das Recht zur Namensbestimmung ist Teil des von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Elternrechts. Zumal § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Kindeswohlprüfung nicht vorsieht und bei der Wahl des Familiennamens - anders als bei der gesetzlich nicht geregelten Vornamensbestimmung - eine verantwortungslose Namenswahl sowie ein damit verbundener Missbrauch des Elternrechts regelmäßig ausscheidet, besteht grundsätzlich keine Veranlassung für eine staatliche Reglementierung der von den sorgeberechtigten Eltern zu treffenden Namensbestimmung. Da diese sich nach der Rechtsprechung des Senats auf den rechtmäßig zu führenden Namen richtet, ist auch insoweit ein Missbrauch des Bestimmungsrechts ausgeschlossen. Die von den Eltern erklärte Namensbestimmung ist demnach wirksam und muss vom Standesamt bei der Eintragung im Geburtenregister berücksichtigt werden.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung (siehe Leitsätze)
§ 1617b I BGB: Bestimmung des Kindesnamens bei ungeklärter Namensführung der Eltern [m. Anm. Schmitz, S. 833]
BGH vom 03.02.2021 - XII ZB 391/19
Heribert Schmitz, FamRZ 2021, 831
Kommentierung | BGB
§ 1617b Name bei nachträglicher gemeinsamer Sorge oder Scheinvaterschaft
Döll in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
04/2025
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