KG Berlin v. 31.7.2025 - 1 W 303/24

Kein Anspruch auf Nachbeurkundung einer sog. ʻurfi-Ehe ägyptischen Rechts

Ein vor einer ermächtigten Trauungsperson geschlossener Vertrag, mit dem Ehegatten ihre im Inland (nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten) erklärte Eheschließung rückwirkend bestätigen oder heilen, unterfällt nicht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB (hier zur sog. ʻurfi-Ehe ägyptischen Rechts). Denn mit den für die Rückdatierung erforderlichen früheren Erklärungen wurde ein wesentlicher Teil der Eheschließung nicht vor der ermächtigten Person verwirklicht.

Der Sachverhalt:
Der Beteiligte zu 1) ist Ägypter, die Beteiligte zu 2) stammt aus Syrien. Ihr wurde 2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Im Juli 2022 beantragten beide die Nachbeurkundung ihrer Eheschließung vom 19.8.2021. Hierzu legten sie eine Urkunde der ägyptischen Botschaft in Berlin mit drei unterschiedlichen Übersetzungen vor. Darin hieß es u.a., der Konsul hätte die Eheschließung am 19.8.2021 bestätigt. Die Ehe bestehe bereits seit dem 30.9.2020 gemäß einem islamrechtlichen Ehevertrag. Die Beurkundung sei in Anwesenheit beider Parteien (nebst zweier Zeugen) erfolgt, nach Ausschluss islamrechtlicher und gesetzlicher Ehehindernisse. Das Ehepaar sei zur Zeit der Eheschließung volljährig gewesen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) reichten ferner eine Eheurkunde des ägyptischen Innenministeriums und einen entsprechenden Auszug aus dem Familienregister ein, der das Datum der Eheschließung bestätigte. Sie teilten mit, sie hätten am 30.9.2020 im Rahmen einer Familienfeier in Deutschland einen mündlichen Ehevertrag geschlossen.

Das Standesamt hat die Nachbeurkundung abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Antrag, die Behörde zur Nachbeurkundung anzuweisen, hat das AG zurückgewiesen. Das KG hat die gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die gem. § 34 PStG beantragte Nachbeurkundung lagen nicht vor. Es war kein Fall des § 34 Abs. 1 PStG gegeben. Die Ehe wurde nicht deshalb im Ausland geschlossen, weil die Beteiligten zu 1) und 2) ihre am 19.8.2021 beurkundeten Erklärungen in der Botschaft abgegeben hatten. Botschaftsgrundstücke bleiben trotz des gewährten besonderen Schutzes Teil des Empfangsstaates.

Aus der Urkunde der ägyptischen Botschaft ergab sich nicht, dass die Beteiligten zu 1) und 2) dort am 19.8.2021 einen Vertrag über die (erstmalige) Begründung der Ehe geschlossen hatten. Ihre Erklärungen waren vielmehr auf eine nachträgliche Beurkundung, Bestätigung oder Heilung der bereits am 30.9.2020 geschlossenen Ehe gerichtet. Es war insofern unerheblich, welche Wirkungen einer solchen sog. ʻurfi-Ehe nach ägyptischem Recht zukommt, und ob Art. 17 Abs. 2 S. 1 ägypt. Gesetz Nr. 1/2000 materiell-rechtlich oder verfahrensrechtlich zu qualifizieren ist. Die Eheschließung ist zumindest ein mehraktiger Vorgang, zu dem auch der in Bezug genommene islamrechtliche Ehevertrag vom 30.9.2020 gehört. Allein dieser ermöglichte die Feststellung, die Ehe bestehe seit dem 30.9.2020. Das ägyptische Recht kennt keine Rückdatierung des Ehebeginns, die vor den (erstmaligen, wenn auch ggf. zunächst unwirksamen) Konsenserklärungen der Eheleute liegt.

Ein vor einer ermächtigten Trauungsperson geschlossener Vertrag, mit dem Ehegatten ihre im Inland (nicht vor einem Ermächtigten oder dem Standesbeamten) erklärte Eheschließung rückwirkend bestätigen oder heilen, unterfällt nicht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB. Denn mit den für die Rückdatierung erforderlichen früheren Erklärungen wurde ein wesentlicher Teil der Eheschließung nicht vor der ermächtigten Person verwirklicht. Für sie gilt Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB i.V.m. §§ 1310, 1311 BGB. Die rückwirkende Bestätigung oder Heilung ist einem ausländischen Urteil vergleichbar, das nicht anerkannt werden kann, wenn es eine im Inland geschlossene Ehe feststellt oder bestätigt, die der Form des Art. 13 Abs. 4 EGBGB nicht genügt.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.08.2025 13:21
Quelle: Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

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