OLG Hamm v. 7.8.2025 - 13 UF 76/25
Betriebliches Anrecht auf Kapitalzahlung kann nicht im Wertausgleich bei Scheidung berücksichtigt werden
Wird ein betriebliches Anrecht auf Kapitalzahlung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich fällig und ausbezahlt, kann es nicht mehr im Wertausgleich bei der Scheidung berücksichtigt werden. Für die Anwendung des § 27 VersAusglG auf Gegenanrechte der ausgleichsberechtigten Person ist dann kein Raum, wenn ein Ausgleich des ausbezahlten Anrechts in anderer Form (§§ 22, 23 VersAusglG oder Zugewinnausgleich) möglich ist.
Der Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 12.5.2025 hatte das AG Münster die 1997 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden und eine Entscheidung über den für die Ehezeit durchzuführenden Versorgungsausgleich wie folgt getroffen:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der T.-Versorgung (Vers. Nr. N01) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 43.742,50 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der T.-Versorgung, bezogen auf den 31.10.2024, übertragen.“
Bei dem Anrecht handelt es sich um ein Anrecht aus einer Kapitallebensversicherung, die aber bereits zum 1.2.2025 ausgelaufen war und vollständig an den Antragsgegner ausgezahlt wurde. Die Beschwerdeführerin rügte, dass aufgrund der Beendigung des Vertrages und der Auszahlung eine Teilung, wie vom AG ausgesprochen, nicht möglich sei. Bereits mit Schreiben vom 25.2.2025 hatte sie ihre Ansicht mitgeteilt, dass dieses Anrecht nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sei, da für den Antragsgegner keine Ansprüche aus dieser Versicherung mehr bestehen würden.
Nach Aufforderung hatte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26.3.2025 mitgeteilt, dass der Antragsgegner in der Ehezeit einen Ehezeitanteil von 87.485 € erworben hat und dies zu einem Ausgleichswert von 43.742,50 € führen würde. Auf dieser Grundlage hat das Familiengericht das Anrecht geteilt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der T.-Versorgung war vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Ein Wertausgleich bei der Scheidung findet hinsichtlich des Anrechts des Antragsgegners bei der T.-Versorgung (Vers. Nr. N01) nicht statt.
Grundsätzlich hatte das Anrecht zum Ende der Ehezeit, also zum 31.10.2024, noch bestanden und fiel in den Versorgungsausgleich (§ 5 Abs. 2 VersAusglG). Aber in den Wertausgleich können nur Anrechte einbezogen werden, die auch zum Zeitpunkt der Entscheidung noch existieren (BGH 16.12.2015 - XII ZB 450/13, FamRZ 2016, 69; BGH 6.11.2013 - XII ZB 22/13; BGH 18.4.2012 - XII ZB 325/11).
Dies war vorliegend jedenfalls in einer für den Wertausgleich bei der Scheidung erforderlichen Weise nicht mehr der Fall. Die Versicherungssumme war vollständig, einschließlich des Ehezeitanteils, an den Antragsgegner ausgekehrt worden, und zwar gemäß ihrer vertraglich festgelegten Bestimmung. Damit existierte das auszugleichende Anrecht jedenfalls nicht mehr beim Versorgungsträger, bei dem das AG die interne Teilung durchgeführt hat.
Der Senat sah auch keine Anhaltspunkte für eine Billigkeitskorrektur des Versorgungsausgleichs im Übrigen nach § 27 VersAusglG. Er ging vielmehr davon aus, dass ein Ausgleich des bereits ausgezahlten Anrechts anderweitig erfolgen kann. Dabei kann dahinstehen, ob dies über die §§ 22, 23 VersAusglG im Wertausgleich nach der Scheidung oder über den Zugewinnausgleich möglich ist.
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