OLG München v. 3.9.2025 - 34 Wx 183/25 e

Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung

Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen ist schon dann ausgeschlossen, wenn vor Eintritt der Rechtshängigkeit des zugrundeliegenden Verfahrens bereits ein entsprechendes Scheidungsverfahren vor dem zuständigen deutschen Gericht rechtshängig war. Auf die Frage der Unvereinbarkeit der in diesen Verfahren ergangenen Entscheidungen kommt es dann nicht mehr an.

Der Sachverhalt:
Die Eltern der Antragstellerin hatten 1980 als türkische Staatsangehörige in der Türkei geheiratet. In der Folgezeit erlangte die Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit und gab die türkische auf. Ende November 2011 beantragte der Antragsgegner beim AG Ingolstadt die Scheidung der Ehe. Am 13.1.2012 leiteten die Eheleute zudem vor dem AG Ereğli, Konya, Türkei die Scheidung ein. Der dortige Scheidungsbeschluss erging noch am selben Tag, er ist seit 16.4.2012 rechtskräftig.

Mit Schriftsatz vom 11.6.2024 beantragte die Antragstellerin beim Präsidenten des OLG München die Anerkennung des Scheidungsbeschlusses vom 13.1.2012. Die Antragsgegnerin, die Ansprüche gegen die Erben der Mutter aus eherechtlichem Errungenschaftsgewinn pfänden gelassen hatte, widersprach der Anerkennung. Der Präsident des OLG München stellte fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils vom 13.1.2012 nicht gegeben seien. Die in der Türkei erfolgte Scheidung sei mit dem früher in Deutschland rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar.

Die Antragstellerin war der Ansicht, die Unvereinbarkeit sei nicht gegeben, weil in beiden Verfahren die Ehe geschieden worden sei und keine Gesetzesverstöße vorlägen. Außerdem sei zu beachten, dass im Verhältnis zu anderen anerkennungsfähigen ausländischen Entscheidungen das Prioritätsprinzip gelte. Ausgehend von diesem Prinzip sei auf die zuerst ergangene türkische Scheidung abzustellen. Der Präsident des OLG München hat entschieden, nicht abzuhelfen.

Das OLG hat den Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Präsidenten des OLG München zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nach § 107 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist gem. § 109 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 FamFG u.a. dann ausgeschlossen, wenn das ihr zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist. Voraussetzung für Unvereinbarkeit in diesem Sinne ist in jedem Fall die Identität der Verfahrensgegenstände. Und diese war hier gegeben, da in beiden Verfahren die Scheidung der 1980 geschlossenen Ehe beantragt war.

Während die Rechtshängigkeit des Verfahrens vor dem zuständigen AG Ingolstadt gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO bereits am 28.11.2011 eingetreten war, geschah dies beim AG Ereğli erst am 13.1.2012. Schon hieraus folgte, dass die dort getroffene Entscheidung nicht anerkannt werden konnte. Dass und aus welchen Gründen die Eltern im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem AG Ingolstadt auf den inzwischen rechtskräftigen Scheidungsbeschluss des AG Ereğli nicht hingewiesen hatten, spielte keine Rolle. Denn die Beteiligten konnten das Gericht durch ihr Verhalten insoweit nicht binden und auch das Anerkennungshindernis nicht beseitigen.

Ebenso ohne Belang blieb die Frage der Unvereinbarkeit der ergangenen Scheidungsbeschlüsse selbst i.S.v. § 109 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 FamFG, da sich, wie dargelegt, bereits aus Alt. 3 der Vorschrift ein Anerkennungshindernis ergab. Allein damit konnte dem selbständigen Gehalt dieser Bestimmung Rechnung getragen werden. Der von der Antragstellerin zitierte Beschluss des OLG Bamberg vom 13.3.1996 stand dem nicht entgegen. Denn im dortigen Fall hatten die Ehegatten die türkische Staatsangehörigkeit, was die vor einem türkischen Gericht erfolgte Ehescheidung dem deutschen Anerkennungsverfahren entzog.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.09.2025 10:05
Quelle: Bayern.Recht

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