BGH v. 12.10.2022 - XII ZB 450/21

Besonderheiten im vereinfachten Unterhaltsverfahren

Gegen eine Entscheidung, mit der in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren eine Beschwerde verworfen wird, ist die Rechtsbeschwerde zulassungsfrei statthaft. Ein Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nach § 253 FamFG bedarf, sofern er ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, nicht der Verkündung.

Der Sachverhalt:
Der Antragsgegner ist der Vater der im Juli 2012 geborenen Antragstellerin. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat den vom Antragsgegner für die Antragstellerin zu zahlenden rückständigen und laufenden Kindesunterhalt ohne mündliche Verhandlung in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren mit Beschluss vom 10.3.2021, der am 11.3.2021 an die Geschäftsstelle übergeben worden ist, festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und diese allein auf Einwendungen gestützt, die von ihm erstmals am 17.3.2021 geltend gemacht worden sind.

Das OLG hat die Beschwerde verworfen. Auch die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Antragsgegners blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die Rechtsbeschwerde war zwar gem. §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auch ohne Zulassung statthaft. Denn die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, die mit dem darin enthaltenen Verweis auf § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO bei der Verwerfung einer Beschwerde eine zulassungsfrei statthafte Rechtsbeschwerde anordnet, kommt auch in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren nach den §§ 249 ff. FamFG - wie hier - zur Anwendung. In der Sache war die Rechtsbeschwerde aber erfolglos.

Die Beschwerde des Antragsgegners war unzulässig. Nach § 256 Satz 2 FamFG ist eine Beschwerde in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren unzulässig, wenn sie sich auf Einwendungen nach § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG stützt, die nicht erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss erlassen war. Ohne Erfolg machte die Rechtsbeschwerde geltend, dass der Antragsgegner seine Einwendungen rechtzeitig i.S.v. § 256 Satz 2 FamFG, nämlich vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses, erhoben habe, weil es mangels Verkündung des Festsetzungsbeschlusses bereits an einem wirksamen Beschlusserlass fehlte. Denn im vorliegenden Fall war, wovon das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen ist, der Erlass des Festsetzungsbeschlusses mit dessen Übergabe an die Geschäftsstelle am 11.3.2021 erfolgt.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war für den Erlass des Festsetzungsbeschlusses dessen Verkündung nicht erforderlich. Zwar sind Entscheidungen in einer hier vorliegenden Familienstreitsache grundsätzlich nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu verkünden. Dies gilt aber nicht für einen Festsetzungsbeschluss nach § 253 FamFG, sofern er - wie hier - ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Dieser Beschluss kann vielmehr durch Übergabe an die Geschäftsstelle erlassen werden (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 25.1.2017 - XII ZB 504/15 - FamRZ 2017, 821). Das Beschwerdegericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsgegner seine erstmals am 17.3.2021 bei Gericht eingegangenen Einwendungen nach § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG nicht vor Erlass des Festsetzungs-beschlusses, der bereits am 11.3.2021 erfolgt war, erhoben hat. Aus diesem Grund war die Beschwerde des Antragsgegners gem. § 256 Satz 2 FamFG bereits unzulässig.

Ohne Erfolg wandte sich die Rechtsbeschwerde auch dagegen, dass das Beschwerdegericht die unzulässige Beschwerde des Antragsgegners nicht als Rechtspflegererinnerung i.S.v. § 11 Abs. 2 RPflG behandelt hatte. Zwar ist die Thematik streitig. Überwiegend wird aber im Fall der Unzulässigkeit einer Beschwerde nach § 256 Satz 2 FamFG die Rechtspflegererinnerung als nicht statthaft erachtet. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 RPflG erfasse demnach nicht den Fall eines unzulässigen Rechtsmittels infolge einer vom Rechtsmittelführer selbst versäumten Frist. Dies sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.12.2022 15:46
Quelle: BGH online

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