BGH v. 7.9.2022 - XII ZB 215/22

Einfache Signatur: Wort "Rechtsanwalt" ohne Namensangabe genügt nicht

Die einfache Signatur i.S.d. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort "Rechtsanwalt" ohne Namensangabe.

Der Sachverhalt:
Das AG - Familiengericht – verpflichtete den Antragsgegner mit einem ihm am 12.11.2021 zugestellten Beschluss, an die Antragsteller rückständigen und laufenden Kindesunterhalt zu zahlen. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsgegner am 13.12.2021 einem Montag durch einen unter dem Briefkopf der Anwaltskanzlei verfassten, durch seine Rechtsanwältin persönlich auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) eingereichten und bei Gericht über das Elektronische Gerichtspostfach (EGVP) empfangenen Schriftsatz Beschwerde ein. Auf gerichtlichen Hinweis, dass der Schriftsatz nicht wie erforderlich zumindest einfach signiert sei, da an dessen Ende nur das Wort "Rechtsanwältin" aufgeführt, aber kein Name angegeben und deshalb die eingereichte Beschwerde unzulässig sei, beantragte der Antragsgegner vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und holte die Beschwerdeeinlegung am 10.1.2022 durch einen mit der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe der Rechtsanwältin abschließenden Schriftsatz nach.

Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Beschwerde. Die Beschwerdeeinlegung sei innerhalb der Beschwerdefrist nicht formgerecht erfolgt, da das elektronische Dokument entgegen § 130 a Abs. 3 ZPO weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur noch mit der bei Einreichung auf einem sicheren Übertragungsweg erforderlichen einfachen Signatur versehen gewesen sei. Die einfache Signatur erfordere eine Wiedergabe des Namens am Ende des Schriftsatzes, beispielsweise in Form eines maschinenschriftlichen Namenszugs, woran es hier fehle. Das Fehlen der einfachen Signatur sei auch nicht aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich. Ein Wiedereinsetzungsgrund sei nicht gegeben, da die Frist nicht ohne Verschulden versäumt worden sei. Soweit die Rechtsanwältin irrtümlich davon ausgegangen sei, das übermittelte Dokument sei mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen gewesen, hätte sie sich darüber vor Absendung des Dokuments vergewissern müssen. Zumindest bei sorgfältiger Überprüfung des Prüfprotokolls hätte ihr auffallen müssen, dass dort unter "Zusammenfassung und Struktur" vermerkt gewesen sei: "keine Signatur gefunden".

Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass der Antragsgegner seine Beschwerde nicht innerhalb der am 13.12.2021 abgelaufenen einmonatigen Beschwerdefrist formgerecht eingelegt hat.

Da hier bei der Übermittlung der Beschwerdeschrift keine qualifizierte Signatur verwendet worden ist, wäre der Vorschrift des § 130 a Abs. 3 und 4 ZPO nur genügt, wenn der Schriftsatz einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden wäre. Eine solche einfache elektronische Signatur besteht gem. Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-VO) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten. Die einfache Signatur meint mithin die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Dies kann beispielsweise der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein.

Die einfache Signatur soll ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht. Die einfache Signatur soll gerade sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt.

Diesen rechtlichen Vorgaben wird die am 13.12.2021 eingegangene Beschwerdeschrift des Antragsgegners nicht gerecht, weil das Dokument auch nicht mit einer einfachen Signatur versehen war. Die Beschwerdeschrift endet nur mit der Bezeichnung "Rechtsanwältin" ohne weitere Namensangabe. Allein mit dieser Bezeichnung lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat. Eine eindeutige Zuordnung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass im Briefkopf der Kanzlei nur eine einzige Rechtsanwältin neben anderen männlichen Rechtsanwälten aufgeführt ist. Denn dies schließt nicht aus, dass eine im Briefkopf nicht aufgeführte Rechtsanwältin die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das OLG i.Ü. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Beschwerdefrist abgelehnt.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
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BGH vom 24.05.2022 - XI ZB 18/21
Hans Christian Schwenker, MDR 2022, 1202

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.10.2022 10:40
Quelle: BGH online

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